Laudatio Prof. Jutta Wiedemann - 4.April 2014

Variationslust_ Inspiration Schavener Heide

Ausstellung Prof. A. L. Garda -

Die Schavener Heide liegt zwischen Schaven, Firmenich, Satzvey und Kommern-Süd. Sie ist eine Heidelandschaft mit Rundwanderweg und Truppenübungsplatz. Seit fast 3 Jahrzehnten steht die Schavener Heide im Mittelpunkt von Aladár László Garda als Kernstück einer neuen Wahlheimat.

Zur Person Aladár László Garda

Geboren 20.2.1948 in Siebenbürgen, ungarischer Abstammung
Besuch eines musischen Gymnasiums mit Schwerpunkt Musik & Bildende Kunst, Malerei, Bildgrafik & Skulptur
1972 Heirat
1974 Geburt seines Sohnes
Studium der Tapisserie mit Schwerpunkt Bildgrafik & Fotodruck

Das Thema ‚Bildgrafik‘ hat einen verankerten Stellenwert bei Aladár László Garda. Im Vordergrund steht, die Bildwirkungen gezielt zu analysieren und mit Dynamiken zu spielen, d.h. die Pole zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, oder zwischen Ausdruck und Dekorativität einer Form auszureizen.

Auf seiner Suche nach Meisterschaft unterstützte ihn die Lehrtätigkeit an Hochschule Niederrhein im Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik. Hier war er über 22 Jahre lang als Professor für Formenlehre, künstlerische Techniken und Textilentwurf aktiv. Dadurch führte er eine ständige Auseinandersetzung mit der Formensprache und deren strukturellem Zusammenspiel, nicht zuletzt angeregt durch immer wieder neue Fragestellungen der Studierenden.

Aladár László Garda ist sehr umtriebig. Parallel zu seiner Berufstätigkeit hat er zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen durchgeführt. Aber besonders prägend für ihn war und ist die Mitarbeit in ArtCamps, an denen er seit 1998 teilnimmt. Offen für Impulse beobachtet er Entstehungsprozesse anderer Künstler, um dann aus nahen Umfeldobjekten neue Installationen zu bilden. So werden unter geringfügig veränderten Anfangsbedingungen Objekte in einen völlig anderen Zustand überführt. Dies entspricht dem bekannten Schmetterlingseffekt. Bei diesen Entstehungsprozessen fühlt sich der Künstler Garda verantwortlich, alle Entwicklungen seiner Arbeit, und die seiner Künstlerkollegen im Art Camp, photographisch zu dokumentieren.

Bei seiner künstlerischen Arbeit sucht er die stetige Auseinandersetzung mit dem Material und mit dem Erarbeiten eigener Techniken und Verfahren.

Beispiele seiner Aktivitäten sind auf seiner Webseite liebevoll und ausführlich dokumentiert. Als exemplarische Beispiele seien genannt

1980 HERAUSFORDERUNG & ANTWORT
2 Jahre nach dem Studium, entdeckt von Ausstellungsmachern aus Köln, sind Photographien entstanden, die durch Montagen und durch die Benutzung analoger Technik mit Masken und Schablonen verfremdet wurden.

1981 FERNWEH
Hier sind photographische Landschaftskomposition mit Papierstreifen entstanden, die von A.L. Garda als ‚erste Zeichnungen draussen in der Natur‘ definiert werden. Hier geht es um Bildkompositionen, bei welchen das Abbild der Natur durch den artifiziellen Eingriff des Menschen optisch verändert wird, und die Veränderung oder auch Verfremdung grafisch in einen Kontext zwischen menschlich genutztem Objekt und Naturlandschaft steht.

Es folgen viele weitere Aktionen. Dabei sind alle Installationen ein ‚Zeichnen in der Natur‘.
Parallel dazu beschäftigt ihn ebenfalls stark die Photographie. So entsteht 1984 ZEICHNUNGSSPIELRAUM- Photographischer Akt mit Zeichnung als Verfremdung.

1986 erfolgt die Übersiedlung von Siebenbürgen nach Mechernich, ein markanter Lebenseinschnitt. Er schreibt in seiner Vita: ‚Wir sind gegangen, anders konnten wir nicht‘. Und: ‚Verloren - gewonnen‘.
Seitdem ist die Schavener Heide ein Teil seines Lebensmittelpunkts geworden. Durch tägliche Spaziergänge mit dem Hund, begleitet mit der Kamera, entstanden Wahrnehmungen dieser Natur.

Sehen ist anschauliches Denken, sagt Rudolf Arnheim. Er erklärt dabei, was Wahrnehmung alles beinhaltet: aktives Forschen, Wählen, Erfassen des Wesentlichen, Vereinfachen, Abstrahieren, Analyse und Synthese, Ergänzen, Korrigieren, Vergleichen, Aufgaben lösen, Kombinieren, Unterscheiden, in Zusammenhang bringen.

Zustände, die wir betrachten, sind für manchen von uns alltägliche Banalität, dagegen für einen Künstler wie Aladár László Garda die Herausforderung, deren Besonderheiten wahrzunehmen: die Reduktion auf einzelne Komponenten, das Einfügen von Tonwerten, ohne bildfremde Elemente einzufügen. Raum wird dabei in eine zweidimensionale Fläche verfremdet.

Der Erfahrungsschatz der Wahrnehmung ist für Aladár László Garda sicher auch geprägt durch seine Lehrtätigkeit im Fachgebiet Formenlehre an der Hochschule Niederrhein, denn als Dozent bewegte sich Prof. Garda im ständigen Diskurs und Auseinandersetzung mit Formen, Umfeld und deren Beziehungen.

Sein Umgang mit dekorativen Formen zeigt sich beispielsweise in der aktuellen Ausstellung bei den Exponaten, die sich Rinde zum Thema setzen: Je detaillierter die Betrachtung, umso mehr geht die Gegenständlichkeit verloren, und umso abstrakter wird das Erscheinungsbild. Es entstehen neue Formen, z.B. durch Wiederholung, oder durch Kontrastieren von positiver und negativer Darstellung.

Technisch realisiert wurden die Werke mit PhotoPaint. Das Einfügen von Farbmasken, die Veränderung von Tonwerte, und die Füllung mit Strukturen oder Farbe führten zur Verfremdung. Diese Form der Visualisierung findet in ähnlicher Weise Anwendung in der Wissenschaft: Falschfarben definieren die Detailgenauigkeit von Fläche zum Umfeld, um eine bessere Sichtbarkeit zu bieten.

Seine Motivauswahl wird dominiert durch lineare Strukturen und Flächen, die zu organischen Grundformen mutieren. (Bsp. Baumrinde _Nahaufnahme_ Abstraktheit). Beim Blick in Baumkronen, sehen wir Bäume vor dem Himmel. Aladár László Garda’s Wahrnehmung ist hingegen, daß Bäume von der Natur in den Himmel gezeichnet werden. Dies offenbart, mit welcher Spiellust und Freude sich Garda an Bildmotive annähert, um einzugreifen, teilzuhaben oder mitzuzeichnen. Um die Intensität dieses Prozesses zu dokumentieren, zeigt die Seriendarstellung den Facettenreichtum seiner Auseinandersetzung mit der Natur auf.

Aladár László Garda’s Hauptanliegen ist die Suche nach der Einzigartigkeit der Formen sowie der der Rückzug zur einfachen Form. In unserer Wahrnehmung rückt uns Gewohntes schnell in den Hintergrund. Durch seine Lust an der Genauigkeit im Wahrnehmen, und der damit verbundenen Auseinandersetzung nimmt uns Aladár László Garda an die Hand und öffnet uns einen neuen Blick auf scheinbar Gewohntes. Für manchen von uns mag es daher eine Anregung sein, die Schavener Heide neu zu entdecken.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei dieser Neuentdeckung.